Die Sorgen im Einzelhandel verschärfen sich abermals, der IHK-Geschäftsklimaindex sinkt auf 61 Punkte. Dies bedeutet einen Rückgang um 34 Punkte gegenüber dem Frühsommer und eine Halbierung des Vorjahreswertes. Dies sind die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg. Damit war die kurzfristige Erholung aus dem Herbst 2021 nur ein Strohfeuer und das Klima erreicht wieder die Tiefstwerte der Pandemie. Fast zwei Drittel der Einzelhändler rechnen mit einer Verschlechterung ihrer Geschäfte, nur sechs Prozent glauben an eine Verbesserung. „Größte Risiken sind aktuell die Sorge vor einer abschwächenden Inlandsnachfrage aufgrund der hohen Inflation und die Energie- und Rohstoffpreise. Daraus resultierende Umsatzrückgänge bedrohen viele Händler in ihrer Existenz“, sagt IHK-Geschäftsführer Prof. Dr. Stephan Wimmers.

In Bonn liegt die Kaufkraft im Jahr 2022 pro Person bei 28.549 Euro, im Rhein-Sieg-Kreis bei 26.874 Euro. Gegenüber dem Vorjahr ist in Bonn ein Plus von 4,6 Prozent, im Rhein-Sieg-Kreis ein Plus von 4,5 Prozent zu verzeichnen. Der Einzelhandels-Umsatz liegt im Jahr 2022 in Bonn bei 2,31 Milliarden Euro, im Rhein-Sieg-Kreis bei 3,27 Milliarden Euro. In Bonn hat der Einzelhandelsumsatz gegenüber. 2021 um 6,7 Prozent und im Rhein-Sieg-Kreis um 6,1 Prozent zugenommen. Dieser liegt jedoch damit unterhalb der durchschnittlichen Inflationsrate für das Jahr 2022. Zugleich hat der Onlinehandel in den vergangenen drei Jahren durch die Corona-Krise enormen Zulauf erfahren. „Der stationäre Einzelhandel muss sich ein Stück weit neu erfinden, will er nicht noch weiter an Boden verlieren. Aktuell wird für 2022 ein bundesweiter Online-Umsatz von fast 100 Milliarden Euro erwartet, vor der Pandemie waren es noch 60“ sagt Till Bornstedt, Handelsreferent der IHK Bonn/Rhein-Sieg.

Im Rahmen eines Workshops hat daher die IHK mit Einzelhändlern, Politik und Verwaltung nach Ideen und Lösungen gesucht. Vorschlägen wie einem kommunalen Veranstaltungsmanagement, zusätzlichem Innenstadtgrün sowie der Einrichtung von Logistik-Hubs in der City soll nun nachgegangen werden.

Auch die zurückgehenden Passantenfrequenzen sind für die IHK ein wichtiges Thema. Diese Entwicklung wirkt sich letztendlich negativ auf die Kundenströme aus.  In Bonn liegt der Wert noch 13 Prozentpunkte unter den 2019er-Vergleichsdaten. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Der coronabedingte Lockdown und ein vorsichtigeres Kundenverhalten sowie die zunehmende Nutzung von Homeoffice und die verkehrliche Erreichbarkeit zeigen ihre Wirkung. „Wir können die Frequenzen positiv beeinflussen, indem wir die verkehrliche Erreichbarkeit verbessern und das Angebot der Innenstädte breiter aufstellen. Innenstädte müssen multifunktionaler werden, indem Behördengänge, Restaurantbesuche, Freizeit, Kultur und natürlich auch der Handel dort ermöglicht werden. Dann kann der stationäre Handel auch weiterhin seine Stärken in Form von individueller Beratung und direkter Produktmitnahme ausspielen“, sagt Till Bornstedt.

Im kommenden Jahr plant die IHK daher, die Entwicklungen in der Bonner City messbar zu machen. „Wir konzipieren aktuell ein Indikatorenset, welches verschiedene Parameter in den Bereichen Mobilität, Passantenfrequenz und Umsatz beinhalten und somit den „Herzschlag“ der City darstellen soll. Damit können wir besser feststellen, wenn es irgendwo „knirscht“ und die Ursache besser herausstellen“, so Wimmers. Hierfür werden auch die Ergebnisse der neuen „Vitale Innenstadt“-Umfrage relevant werden, welche die IHK für den Februar 2023 erwartet.

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